Zertifizierter Coach für Einzel- und Gruppenbetreuung, Führungs- und Management-Coaching und interkulturelles Coaching. Mitglied des EMCC. Fachgebiete: Führung, Management, Talententwicklung, Positionierung, Karriere und Karriereübergang, interkulturelle Themen und internationale Mobilität. Mehr als 15 Jahre Erfahrung im Personalwesen in Frankreich und im Ausland, Unterstützung von Mitarbeitern, Führungskräften und ihren Teams in Branchen wie der Luxusgüterindustrie, Nichtregierungsorganisationen, multinationalen Konzernen, Banken und dem öffentlichen Sektor.

Warum Sinnsuche kein „Gen Z-Phänomen“ ist – und was das für Arbeitgeber bedeutet
Unsere Gesellschaft hat sich verändert – tiefgreifend und nachhaltig. Traditionelle Orte der Gemeinschaft und Sinnstiftung wie Kirche, Vereine, Nachbarschaften oder Grossfamilien haben für viele Menschen an Bedeutung verloren. Was früher Halt, Orientierung und Zugehörigkeit gab, existiert heute oft nur noch in Fragmenten.
Zurück bleibt ein Vakuum. Und dieses Vakuum sucht sich neue Räume. Immer häufiger wird die Arbeitswelt zur Projektionsfläche für Bedürfnisse, die weit über den Lohnzettel hinausgehen: Sinn, Verbundenheit, persönliche Entwicklung, ein Beitrag zum Grossen und Ganzen.
Wichtig ist: Das ist kein Generationenproblem. Es ist nicht die „Anspruchshaltung der Millennials“ oder der „Idealismus der Generation Z“. Es ist ein strukturelles Phänomen unserer Zeit – altersunabhängig. Die Arbeitswelt ist schlicht einer der letzten verbliebenen Orte, an dem Menschen noch regelmässig in echte, verbindliche Beziehungen treten und gemeinsam an etwas arbeiten.
Arbeit als neuer Ort der Sinnsuche
Diese Entwicklung stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen – und eröffnet gleichzeitig grosse Chancen. Denn wer versteht, was Menschen heute in der Arbeit suchen, kann gezielt Räume schaffen, die weit über klassische Karrierepfade hinausgehen.
Was bedeutet das konkret für Arbeitgeber?
- 1. Sinn ist kein „Nice-to-have“ mehr
Mitarbeitende wollen verstehen, wozu sie beitragen. Sie wollen Teil von etwas sein, das Bedeutung hat. Das setzt voraus, dass Unternehmen ihren Purpose klar kommunizieren – und Führungskräfte in der Lage sind, diesen mit Leben zu füllen. - 2. Führung braucht Beziehungsintelligenz
Wo früher Kontrolle zählte, ist heute Verbindung gefragt. Wer führen will, muss zuhören können, empathisch sein, Sicherheit schaffen. Denn Mitarbeitende bringen nicht nur ihre Kompetenzen zur Arbeit, sondern auch ihre Fragen, Zweifel und Hoffnungen. - 3. Kultur ersetzt Zugehörigkeit
In einer Welt, in der die klassische Gemeinschaft fehlt, übernimmt Unternehmenskultur deren Rolle. Sie stiftet Identität, Orientierung und Zugehörigkeit – sofern sie authentisch und gelebte Praxis ist, nicht nur ein Kapitel im HR-Handbuch. - 4. Grenzen klären – Verantwortung teilen
Trotz aller Erwartungen darf eines nicht vergessen gehen: Unternehmen müssen nicht alle Bedürfnisse erfüllen. Aber sie können transparent machen, was sie bieten – und wo Eigenverantwortung gefragt ist. Diese Klarheit stärkt das Vertrauen und schützt vor Überforderung auf beiden Seiten.
Ein neuer Blick auf Employer Branding
In einer Zeit, in der Arbeit zunehmend zur Quelle von Sinn, Gemeinschaft und Identität wird, verändert sich auch das Verständnis von Arbeitgeberattraktivität. Es geht nicht mehr nur um Benefits und Boni – sondern um Haltung, Purpose und kulturelle Passung.
Fazit: Die neue Verantwortung der Unternehmen
Wer heute Menschen gewinnen und halten will, muss mehr bieten als Jobs. Gefragt sind Orte, an denen echte Verbindung möglich ist. An denen Werte gelebt werden. An denen Menschen nicht nur leisten – sondern auch sein dürfen.
Nicht als Ersatz für alles, was verloren gegangen ist. Aber als Beitrag zu einer Arbeitswelt, die den Menschen nicht nur beschäftigt, sondern stärkt.